Eine digitale Welt ohne Barrieren
Laut einer Studie der Aktion Mensch besitzen knapp drei Viertel der 14- bis 49-jährigen Menschen mit Behinderungen einen internetfähigen Computer oder Laptop im Haushalt und nutzen diesen auch regelmäßig. Dennoch besteht für diese Benutzergruppe die Schwierigkeit, barrierefreie Angebote zu finden.
Ein barrierefreier, nutzbarer Zugang zu einem digitalen System bildet hinsichtlich Usability und User Experience die Basis der Bedarfspyramide. Das heißt, das Produkt muss für alle Benutzerinnen und Benutzer – unabhängig von Einschränkungen – grundsätzlich erreichbar, zugänglich und die Nutzung möglich sein.
Einfachheit für alle
Seit Mai 2002 gilt das Gesetz der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Somit gilt es, auch für Bereiche wie „Informationsverarbeitungssysteme“ eine grundsätzliche Barrierefreiheit zu beachten. Das heißt, diese sollten ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein.
Nationale und internationale Standards und Leitlinien stellen Empfehlungen bereit und helfen bei der Aufbereitung digitaler Inhalte. Barrierefreiheit umfasst alle Behinderungen, die Auswirkungen auf die Nutzung digitaler Systeme haben: also sensorische, motorische wie kognitive Einschränkungen.
Nutzerzentriertes Design und Barrierefreiheit verknüpfen
Die Barrierefreiheit und die Anforderungen, die sich aus den jeweiligen Nutzungskontexten heraus ergeben, können in die nutzerzentrierte Gestaltung integriert werden. Die German UPA nennt dazu folgende Punkte als Hilfestellung:
- Die bestehenden Usability-Richtlinien werden um die Anforderungen der Barrierefreiheit erweitert.
- User Research berücksichtigt alle Benutzungsgruppen, auch Benutzerinnen und Benutzer mit Einschränkungen.
- Arbeitsabläufe berücksichtigen auch den Gebrauch von assistierenden Technologien, z.B. Vergrößerungssoftware.
- Verschiedene Nutzungsstrategien werden berücksichtigt, z.B. ausschließliche Tastaturbedienung.
- Usability-Tests werden auch mit Menschen mit Behinderungen durchgeführt.
Viele Merkmale der Barrierefreiheit sind einfach zu implementieren, wenn sie bereits zu Beginn der Entwicklung oder des Redesigns einer Anwendung eingeplant werden. Auch für die Aufbereitung von Inhalten sollten Richtlinien der Barrierefreiheit berücksichtigt werden, wie z.B. textuelle Beschreibungen visueller Inhalte oder Auszeichnungen, die das Auffinden und die Nutzung bestimmter Dokumente ermöglichen. Viele der Maßnahmen zur Sicherstellung der Barrierefreiheit beeinträchtigen nicht die Möglichkeiten der visuellen Gestaltung (Design) des Online-Angebots.
Weitere Vorteile barrierefreier Gestaltung
Barrierefreie Angebote im Web sind nicht nur aus Sicht der Benutzer und Benutzerinnen gut. Da sich die Beachtung barrierefreier Umsetzung auch mit anderen Themen wie Responsivität, Suchmaschinenoptimierung und multi-modaler Interaktion überschneidet, befördern sie einander positiv. Sie können sogar zu innovativen Lösungen führen, die die Marktreichweite erhöhen und die Marke stärken.
Nicht zuletzt dienen selbsterklärender Aufbau und verständliche Inhalte allen Benutzern*innen. Fallstudien zeigen dementsprechend, dass barrierefreie Online-Angebote bessere Suchergebnisse bringen, die Wartungskosten reduziert werden und das Zielpublikum vergrößert wird. In einigen Ländern gibt es gesetzliche Vorgaben bezüglich barrierefreier Zugänglichkeit zu Online-Informationen und -Angeboten. Die Berücksichtigung barrierefreier Standards minimiert somit auch rechtliche Risiken.
Barrieren selbst erfahren, Nutzungskontext erleben
Jeder, der in die Entwicklung barrierefreier und gebrauchstauglicher Systeme involviert ist, sollte sich den Nutzungskontext für Benutzerinnen und Benutzer mit Einschränkungen zumindest einmal zeigen lassen. Live mitzuerleben wie Screenreader, Lupen, Brailletastatur und Co. in der realen Nutzung eingesetzt und verwendet werden, führt definitiv zu einer anderen Sichtweise und Gewichtung des Themas. Trauen Sie sich und blicken Sie durch die Brille der Benutzer*innen ; )