Durch die Brille der Benutzer*innen blicken

Den Nutzungskontext verstehen und beschreiben

Wenn wir digitale Produkte und Services verwenden, möchten wir damit meistens Dinge erledigen und ein bestimmtes Ziel erreichen. Das kann in ganz unterschiedlichen Situationen und mit verschiedenen Geräten erfolgen: In der Produktionshalle mit der Maschinensteuerung zur Fertigung von Teilen, beim Autofahren mit dem Navigationssystem, um die kürzeste Route zu finden oder daheim auf dem Sofa mit dem Tablet, um den nächsten Urlaub zu planen und zu buchen. Dabei unterscheiden sich nicht nur individuelle Fähigkeiten und Erfahrung unterschiedlicher Personen voneinander, sondern auch die Hilfsmittel, die zum Erreichen eines Ziels zur Verfügung stehen und eingesetzt werden können.

Und nicht zuletzt stehen Menschen je nach Aufgabe und Situation unter mehr oder weniger Zeitdruck und müssen unter Umständen in einer lauten oder anderweitig beanspruchenden Umgebung arbeiten.

Der sogenannte „Nutzungskontext“, in dem sich Anwender und Anwenderinnen bewegen, kann sich also stark unterscheiden. Und all diese Faktoren – Benutzende Personen, ihre Arbeitsaufgaben, die jeweilige Arbeitsumgebung und verfügbare Arbeits- oder Hilfsmittel – beeinflussen die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit eines Produkts erheblich. Daher ist es wichtig, diese zu Beginn bzw. im Vorfeld der Produktentwicklung in der „User Research zu analysieren und die gewonnenen Erkenntnisse für die weitere Projektarbeit zu dokumentieren.

Henry Ford:

„Um Erfolg zu haben, musst du den Standpunkt des anderen einnehmen und die Dinge mit seinen Augen betrachten.“

Erkenntnisse aus dem User Research

Daten aufbereiten und nutzen

Alle relevanten Daten im Nutzungskontext können – je nach Anforderung im Projekt – mit Hilfe unterschiedlicher Methoden erhoben werden. Dazu gehören u.a.

  • (kontextuelle) Interviews, bei denen Nutzerinnen und Nutzer direkt in ihrer Nutzungsumgebung befragt werden.
  • (Online) Befragungen zu Aufgaben, Routinen und Erwartungen der Nutzer*innen
  • Beobachtungen der Benutzer und Benutzerinnen, um bspw. zu verstehen, wie sie Aufgaben erledigen.
  • Fokusgruppen, in denen verschiedene Interessengruppen in einem moderierten Workshopformat z.B. ihre Erwartung an ein Produkt abgleichen und gemeinsame Ziele für die Entwicklung definieren.

Die aus dem User Research erhobenen Daten lassen sich für den weiteren Projektverlauf mit Hilfe verschiedener Formate nutzbar machen.

Personas

Eine Persona beschreibt beispielhaft einen späteren System-Benutzer*innen anhand realitätsnaher Eigenschaften, Verhaltensweisen und Anforderungen. Jede erstellte Persona verkörpert eine Gruppe von Benutzer*innen. Die Basis der Personabeschreibung bilden dabei die jeweiligen Daten, die im User Research erhoben wurden. Es werden typische Aufgaben, das Umfeld der Bearbeitung, Ziele und Wünsche sowie Anforderungen an ein System zusammengefasst. Als kompakt gefasste Übersicht erleichtern es Personas allen Projektbeteiligten, sich in die Anforderungen der relevanten Benutzergruppen einzudenken. Sie sind somit eine der Grundlagen für die Planung und Umsetzung von Nutzungsanforderungen.

Aufgabenmodell

Ein Aufgabenmodell (Task Model) beschreibt, welche Tätigkeiten im Rahmen einer Aufgabe erledigt werden müssen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. In tabellarischer Form werden alle erforderlichen Tätigkeiten bzw. Aufgaben und Teilaufgaben je Benutzungsgruppe gesammelt und in Reihenfolge gebracht. Das Aufgabenmodell dient als Grundlage für die spätere Spezifikation der Nutzungsanforderungen sowie die Entwicklung von Nutzungsszenarien.

User Journey Map

Eine User Journey Map ist die visuelle Darstellung der „Reise“, die Benutzerinnen und Benutzer bei der Verwendung eines oder mehrerer Produkte und Services durchlaufen. Dabei wird festgehalten, an welchen Stellen die benutzenden Personen zu welchem Zeitpunkt mit Angeboten eines Unternehmens in welcher Form in Berührung kommen (auch „Touchpoints“ genannt). Je Benutzungsgruppe werden auf Basis typischer Arbeits- oder Aufgabenabläufe deren Touchpoints dargestellt.

Hierbei werden neben Erwartungen und Anforderungen an das System auch emotionale Aspekte betrachtet.

User Journey Maps helfen dabei, Ist-Zustände im Benutzungsverhalten übersichtlich abzubilden, eventuelle Lücken im Ablauf aufzudecken und dies als Grundlage zu nehmen, um bei auftretenden Schwachstellen die Nutzungserfahrung (User Experience) zu verbessern.

Nutzungsszenario

Ein Nutzungsszenario beschreibt in Form einer Geschichte, wie Benutzer und Benutzerinnen zum Erreichen eines bestimmten Ziels vorgehen. Ein vorab definiertes Aufgabenmodell (Task Model) kann als Grundlage dienen, die Aufgaben und Tätigkeiten jeder Benutzergruppe klar herauszuarbeiten. Personas können die jeweiligen Nutzergruppen repräsentieren und in der Szenario-Beschreibung verwendet werden.

Szenarien sind eine erzählerische Beschreibung der Aktivitäten der Nutzerinnen und Nutzer, ihrer Handlungen, Motivation oder konkreten Interaktionen mit einer Anwendung oder einem System. Durch die Erzählform in einfacher und verständlicher Sprache fällt das Herausarbeiten der Aufgaben leichter und wirkt später anschaulicher. Mögliche Schwachstellen in Ablauf und Nutzung fallen oft besser ins Auge.

Zusammenfassung

Warum es wichtig ist, den Nutzungskontext zu verstehen

Es ist wichtig, das Umfeld und die Situation zu kennen, in der Benutzer und Benutzerinnen mit einem System arbeiten. Nur so lässt sich verlässlich ermitteln, wer überhaupt die relevanten Benutzergruppen sind, welche Aufgaben sie erledigen müssen und was ihnen dabei unterstützend zur Verfügung steht. Und nur, wer seine User*innen kennt, kann im Sinne einer hohen Produktqualität auch menschzentriert entwickeln.

Eine möglichst vollständige und saubere Beschreibung und Dokumentation der Daten aus dem User Research bilden die Basis für den nutzungszentrierten Entwicklungsprozess. 
Nutzungsanforderungen lassen sich im folgenden Bearbeitungsschritt entsprechend daraus ableiten. Diese bilden die Grundlage für ein gebrauchstaugliches und benutzungsfreundliches digitales Produkt.

Selbst UX-Professional werden?

Dann informieren Sie sich über unser aktuelles Seminar-Angebot. Neben Usability Basis-Trainings können Sie sich auch im User Requirements Engineering, Designing Solutions und Usability-Testing fortbilden und optional zertifizieren lassen – nach international anerkanntem Standard:

Menschzentrierte Gestaltung / UX

Projektreferenzen


Können wir Sie unterstützen? Dann melden Sie sich gerne!

* Pflichtfelder sind mit Sternchen markiert